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Unterrichtsideen

VI. Die mediale Konstruktion von Wirklichkeit durchblicken

Die Wirklichkeit hat verschiedene Ebenen oder Bereiche und selbst sehr junge Kinder wissen ab einem bestimmten Alter den Zustand der Wachheit von einem Zustand des Traumes zu unterscheiden. Sie können Jedi Ritter als erfundene Figuren identifizieren und erwarten nicht, dass ihnen eine solche Figur in der Stadt, in der sie leben, begegnet. Die Unterscheidung von „erfunden“ und „real“ scheint deshalb viel einfacher als sie tatsächlich ist. Denn tatsächlich fällt es den meisten Kindern bis zum zehnten oder zwölften Lebensjahr schwer, ihre eigenen Gefühle und das, was sie erleben als zwei verschiedene Wirklichkeiten zu verstehen und Darstellung und Inhalt auseinanderzuhalten. Die Auseinandersetzung mit Formaten des Scripted Reality und die Befragung von Kindern und Jugendlichen, wie sie diese Sendungen verstehen, zeigt in besonderer Weise, dass es in der Verarbeitung dessen, was wirklich sein könnte, erhebliche Interpretationsspielräume gibt und auch einfache Stilmittel wie Klischees häufig nicht als künstlerisches oder narratives Mittel begriffen werden. Auch Erwachsene geraten angesichts der Vielfalt von medialen Inszenierungen ins Schleudern. Die folgenden Unterrichtsvorschläge sollen die Schülerinnen und Schüler dazu anregen, stärker erörternd über die schwierigen Fernsehformate nachzudenken und genauer über filmische Darstellungsweisen und Inszenierungsformen nachzudenken. Denn auch wenn sie sich selbst ganz sicher sind, bei Film und beim Fernsehen durchzublicken, so tut hier Aufklärung häufig noch Not.

Kompetenzerwerb im Überblick

Medien analysieren und bewerten
Wirkungen von Medien in der digitalen Welt analysieren und konstruktiv damit umgehen

Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektieren
Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und gegebenenfalls modifizieren

Hinweis: Nähere Informationen zu den Kompetenzbereichen und dem Unterrichtsmaterial finden Sie in der „Didaktischen Landkarte“ im Bereich „Didaktik“.

Unterrichtsvorschläge

  • 1.) Was ist wirklich? Problematisierung (45 Min.)

    Gedankenexperiment mit allen: Stellt euch vor, ihr habt eines Nachts einen tollen Traum. Nachdem ihr aufwacht, könnt ihr euch gut daran erinnern und über den Tag bleibt er einigermaßen in eurem Gedächtnis. In der nächsten Nacht träumt ihr wieder diesen Traum, genau genommen nicht den gleichen Traum, sondern eine Fortsetzung des gestrigen Traumes. In der übernächsten Nacht träumt ihr dann wieder eine Fortsetzung und so weiter. Das geht jetzt jede Nacht so: Ihr lebt in eurem Traum ein anderes Leben und es gibt eine Entwicklung der Geschichte. Was wäre nun wirklicher: eure Realität oder eure Traumrealität?

    Es ergibt sich aus dem Gedankenexperiment möglicherweise eine Diskussion, die man durchaus auskosten sollte, weil sie zu interessanten Einsichten und Fragen führen kann. Die Fragen kann man gemeinsam auf einem Plakat sammeln.

    Damit alle Schülerinnen und Schüler die gleiche Grundlage für eine kommende Diskussion über „Scripted Reality“ haben, vereinbart man gemeinsam das Schauen von „Familien im Brennpunkt“ oder einer ähnlichen Sendung.

    • Material und Medien

      Großer Papierbogen/Plakat
      Scripted Reality Sendung im Fernsehen, z.B. „Die Schulermittler“ (RTL), „Familien im Brennpunkt“ (RTL), „X-Diaries“ (RTL II)

  • 2.) Aussprache über die Rezeptionserfahrungen (25 Min.)

    Zunächst sollte es nur darum gehen, die „Natürlichkeit“ und den Grad der Realitätsnähe zu diskutieren. Dazu kann man zu Beginn des Unterrichts mit einer Einschätzungsübung am Strahl beginnen. Vereinbaren Sie, an welcher Stelle im Klassenraum 0 (gar nicht einverstanden) und an welcher Stelle 10 (ganz und gar einverstanden) eines Strahls liegt. Formulieren Sie dann folgende Behauptungen (oder denken sich selbst welche aus):

    • Die Leute in dem Film wirken alle sehr natürlich.
    • Die Leute in dem Film spielen echte Fälle nach.
    • Die Leute in dem Film kennen die realen Vorlagen.

    Nach drei, vier Aussagen können die Schülerinnen und Schüler übernehmen.

    Fragen Sie immer ein bis zwei Schülerinnen und Schüler, warum sie an welcher Stelle stehen. Es sollte zu keiner Diskussion kommen; die Äußerungen werden einfach zur Kenntnis genommen.

    • Material und Medien

      Klebeband oder Kreide (Markierungen auf dem Boden: 0 und 10)

  • 3.) Einschätzungen über Konflikte und Rollenhandeln (90 Min. bzw. 2 x 45 Min.)

    Die Erarbeitung des Aufgabenblatts „Es geht voll rein – mediale Lebenswelten durchdenken“ in Partnerarbeit soll zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Scripted Reality-Format genutzt werden. Dazu sollen die Schülerinnen und Schüler auch zunächst noch einmal recherchieren, was man unter dem Format versteht. Diese Recherche kann im Internet geschehen. Man kann diesen ersten Schritt aber auch überspringen oder anhand der Text-Bild-Seiten „Scripted Reality“ erarbeiten lassen, was das Format ausmacht.

    Die Antworten auf die Fragen der Aufgabe 2 sollten gemeinsam in der Klasse besprochen werden, bevor auf dem Aufgabenblatt weitergearbeitet wird.

    Zum Ende der Einheit sollten die Arbeitsergebnisse in der Klasse verglichen und auch zur Diskussion gestellt werden.

  • 4.) „Kein Kinderprogramm“ – Für wen sind die Sendungen (45 - 90 Min. bzw. 1 - 2 x 45 Min.)

    Anhand eines Artikels von Spiegel-Online sollen die Schülerinnen und Schüler erörtern, wie der Kommentar des RTL-Sprechers einzuschätzen sei, „RTL sei kein Kinderprogramm“. Hier geht es um die Erziehungsverantwortung der Eltern einerseits und die Verantwortung der Sender für Medieninhalte andererseits. Dieses „Einerseits“ und „Andererseits“ macht erst die Erörterung aus. Welche Positionen gibt es dazu in der Klasse und wie werden diese Positionen begründet?

  • ​​​​​​​5.) Ablachen über die Dummheit der anderen (90 - 180 Min. bzw. 2 - 4 x 45 Min.)

    Zunächst arbeiten die Schülerinnen und Schüler an den Text-Bild-Seiten zu „Scripted Reality“. Die Aspekte, die auf den Seiten thematisiert werden, können anhand der Aufgabenstellung, eine Erörterung zu schreiben (Aufgabenblatt „Scripted Reality – Erörterung“) vertieft werden.